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Müssen Überstunden bezahlt werden?

Müssen Arbeitnehmer eine bestimmte Anzahl an Überstunden leisten, wenn der Arbeitgeber es verlangt? Und muss der Chef die Überstunden bezahlen? Was ist mit einem Überstundenzuschlag? Zum Thema Überstunden halten sich viele Legenden. Deshalb sollen hier einige Dinge zurechtgerückt werden.

„Überstunden“ und „Mehrstunden“ sind nicht das Gleiche

Überstunden leisten Mitarbeiter, wenn sie auf Anordnung ihres Arbeitgebers länger arbeiten, als im Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Sind dort 30 Wochenstunden vorgesehen, ist die 31. Stunde eine Überstunde.

Allerdings darf der Mitarbeiter nicht aus eigener Entscheidung länger geblieben sein. „Selbst angeordnete Überstunden“ gibt es nicht.

Mehrarbeit bedeutet, dass die Vorgaben aus dem Arbeitszeitgesetz überschritten werden. Dort sind pro Tag grundsätzlich acht und ausnahmsweise 10 Stunden erlaubt. Wenn die 31. Wochenarbeitsstunde gleichzeitig die siebte Arbeitsstunde an diesem Tag ist, ist sie keine Mehrstunde.

Allerdings wird der Begriff Mehrarbeit auch in Tarifverträgen oft genutzt. Dort bezieht er sich auf Arbeit über die tarifvertraglich festgelegten Arbeitszeiten hinaus und bedeutet so viel wie „tarifliche Überstunde“.

Hier soll es um Überstunden gehen, nicht um Mehrstunden.

Müssen Arbeitnehmer für Überstunden bezahlt werden?

Die Antwort lautet „vermutlich ja“ – wenn es dazu keine Regelung im Arbeitsvertrag gibt. Natürlich kann der Arbeitgeber auch Freizeitausgleich anbieten. Ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, den anzunehmen, hängt vom konkreten Einzelfall ab, vor allem von einer möglichen Regelung im Arbeitsvertrag.

Das gilt auch für die Frage, ob eine gewisse Zahl von unbezahlten Überstunden stillschweigendvereinbart wurde und weder zur Bezahlung noch durch Freizeit abgegolten werden muss. Bei hochbezahlten Spezialisten und leitenden Angestellten kann das der Fall sein. Bei niedrig bezahlten Angestellten oder Aushilfen wird eine stillschweigende, pauschale Abgeltung vor dem Arbeitsgericht wohl kaum Bestand haben.

Überstundenklauseln im Arbeitsvertrag

Allerdings kann ausdrücklich im Arbeitsvertrag stehen, dass eine bestimmte Anzahl von Überstunden mit dem regulären Lohn oder Gehalt bereits abgegolten sind. Zu umfassende Formulierungen, etwa „Sämtliche Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten.“ sind jedoch unwirksam. Das gilt vor allem, wenn sie als Musterklausel wiederholt verwendet werden.

Als Konsequenz kann der Arbeitnehmer die Bezahlung der Überstunden nachfordern. Tut er das beim Verlassen des Unternehmens auf einen Schlag für die letzten drei Jahre, kann das richtig weh tun. Damit eine Überstundenklausel gilt, muss die Zahl der möglichen, unbezahlten Überstunden klar auf eine angemessene Zahl begrenzt werden, zum Beispiel „drei Überstunden pro Woche“.

Übrigens gibt es auch in vielen Tarifverträgen klare Abmachungen zu Überstunden und deren Bezahlung. Ein solcher Tarifvertrag kann auch gelten, ohne dass der Betrieb Mitglied in einem Arbeitgeberverband Mitglied ist. Dann nämlich, wenn die Tarifvereinbarung durch den Bundesarbeitsminister für allgemeingültig erklärt wurde. Ein Beispiel ist der BRTV, der Bundesrahmentarifvertrag im Baugewerbe: Er gilt für die gesamte Branche.

In Unternehmen mit Betriebsrat kann auch eine Betriebsvereinbarung die Pflicht zu und Bezahlung von Überstunden regeln. Der Betriebsrat hat auch das Recht, zu allen Überstundenvereinbarungen angehört zu werden. Das gilt auch für individuelle Abmachungen.

Was ist mit Überstundenzuschlägen?

Ein Extra müssen Arbeitgeber bei Überstunden nur dann bezahlen, wenn das im Arbeitsvertrag, einem für den Betrieb geltenden Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung steht.

Hinweis: Anders als für „SFN-Zuschläge“ (für Nacht-, Feiertags- und Sonntagsarbeit) fallen auf Überstundenzuschläge Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge an.

Muss der Arbeitnehmer länger arbeiten, wenn der Chef es will?

Im Arbeitsvertrag (oder einem Tarifvertrag bzw. einer Betriebsvereinbarung) kann stehen, dass der Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen eine gewisse Anzahl von Überstunden anordnen kann. Darauf kann sich der Chef dann berufen. Allerdings gilt auch hier: Die Klausel sollte genau besagen, wann und wie viel Überstunden verlangt werden können, sonst ist sie vermutlich unwirksam.

Ohne entsprechende Vereinbarung kann der Arbeitnehmer Überstunden verweigern, außer „in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen“. Dann nämlich erlaubt das Arbeitszeitgesetz, dass die sonst geltenden Arbeitszeitbeschränkungen unbeachtet bleiben. Gemeint ist allerdings nicht der Großauftrag, mit dem der Arbeitgeber nicht gerechnet hat. Die Vorschrift bezieht sich eher auf Wetterkatastrophen oder andere Ausnahmesituationen, in denen der unplanmäßige Einsatz der Mitarbeiter notwendig ist, um das Unternehmen vor großen wirtschaftlichen Schäden zu bewahren.